… ist dieser Artikel, in dem es einem BILD-Journalist aus Dresden gelingt in 224 Wörtern bzw. 1284 Zeichen eine rekordverdächtige Anzahl Unsinn unterzubringen. Nicht dass ich von der BILD-Zeitung intellektuell anspruchsvolle Artikel erwarte, aber dieser ist eine absolute Meisterleistung. Es geht um einen 11 cm hohen, schwarzen Schädel „aus Vulkangestein“, der einem Mann gehört (zu dem später mehr), der Reisen zu Kornkreisen organisiert und diesem Steinschädel magische Kräfte zuschreibt.
Angeblich ist der Kopf Tausende Jahre alt und stammt von den legendären Maya.
Ja! Genau! Angeblich! Übrigens: Man könnte das ganz einfach wissenschaftlich überprüfen … … aber der mutmaßliche Journalist glaubt diesem Mann (zu dem später mehr) offensichtlich alles.
[…] glaubt, dass die Skulptur SS-Chef Heinrich Himmler († 44) gehörte. (5)
Muss es unbedingt diese stinkende, braune Sosse sein? Aber der Mann (zu dem später noch einiges zu erzählen ist) darf seinen Schwachsinn weiter verbreiten:
Der Dresdner dagegen erklärt, er habe recherchiert und herausgefunden, dass Himmler mit Geldern aus dem berüchtigten „Amt Ahnenerbe“ 1937 bis 1939 eine Expedition nach Tibet entsandte.
Für diese Recherche reicht ein kurzer Blick in die Wikipedia (hier die englische Webseite zum Thema) …
Dort sollen die Nazis solch einen Schädel aus einem Kloster geholt haben.
Äh, Moooooment! Wie kommt eigentlich ein Maya-Schädel (Mittelamerika) in ein nepalesisches Kloster (Mitten in Asien)? Das wäre eine einfache Frage gewesen, und die Antwort hätte mich wirklich sehr interessiert. Aber stattdessen gibt es das vermeintliche Gerücht eines eventuellen Schlüssels zur Weltherrschaft:
Die Nazis waren der Überzeugung, dass 13 solcher Schädel existierten. Wer sie zusammenführt, besitzt einen Schlüssel zur Beherrschung der Welt.
Wen interessiert eigentlich, von was die Nazis überzeugt waren? Viel interessanter ist sowieso die Geschichte, wie dieser Mann (zu dem gleich noch ein wenig zu sagen sein wird) den Steinschädel 2009 von jemanden geschenkt bekommen habe will, dessen Vater bei der Verhaftung Himmlers (jetzt reicht’s aber mit dem braunen Zeugs!) dabei gewesen sein soll. Und jetzt wird’s noch mystischer, denn der Schädel hat das dem Ex-Besitzer selbst eingeflüstert:
Sein Vater hätte ihn aufbewahrt. Doch nun forderte der Schädel, der ‚Quauthemoc‘ heiße und telepathisch Kontakt aufnehme, dass man ihn an mich übergebe.
Wow! Ein Kristallschädel mit eigenem, mystisch klingenden Namen, der sich seinen neuen Besitzer (gleich noch mehr zu ihm) selbst aussucht. Und wenn wir schon bei den Maya sind, dann muss natürlich auch noch dieses ominöse Datum aus dem Dezember dieses Jahres verbraten werden:
Ein Maya-Nachfahre hat jetzt Schädelbesitzer aus der ganzen Welt zu einem Treffen in die alte mexikanische Stadt Palenque eingeladen. Ausgerechnet für den 21. Dezember 2012 – dem letzten Tag des Maya-Kalenders, an dem angeblich die Welt untergeht!
Ja, ich habe den letzten Link getürkt! Normalerweise wird auf eine Seite der BILD verwiesen, aber bei Astrodicticum ist dann doch ein klein wenig mehr Information zu diesem Thema zu finden …
Aber nun zu dem Herrn, der hier unkommentiert seine braunen Referenzen und weitere Hirngespinste vorstellen darf, denn den musste ich hier schon des Öfteren erwähnen. Es ist niemand geringerer als der Erfinder der wunderbar lächerlichen Palmblattprognosen, in denen er für 2011/2012 unter anderem Folgendes gelesen haben will:
In den europäischen Metropolen wird es Aufstände geben, die sich zum großen Teil auch gegen dort ansässige Ausländer richten werden. Besonders blutige Kämpfe werden sich in Paris und Rom, aber auch in Madrid, London und Prag abspielen. In Rom wird auch der Sitz des Oberhauptes der katholischen Kirche gestürmt. Zahlreiche Würdenträger sterben bei den Plünderungen, auch der Papst, der zwar zunächst fliehen kann, jedoch außerhalb von Rom in einen Hinterhalt von Plünderern gerät.
Was mich außerdem irritiert, ist die Tatsache, dass dieser Mann – ebenfalls aus den Palmblättern – auch folgenden Satz gelesen haben will …
Die Möglichkeit, nicht nur durch den Raum, sondern auch durch die Zeit zu reisen, wird durch Experimente im Jahr 2012 sowohl in der Schweiz als auch in Australien bewiesen werden.
… zu dem er die entsprechende Reise anbietet:
Jeder Mensch träumt vermutlich irgendwann im Leben davon, in eine andere Zeit zu reisen. Aber für die meisten wird das wohl ewig ein Traum bleiben.Wie soll das auch gehen? Unter dem Namen „Time Machine 1212“ hatten vor einigen Jahren ein paar Männer eine Idee, wie dieser Traum vielleicht doch zu verwirklichen geht. Diese Idee ist so simpel, dass man sie ruhig genial nennen kann. In einer einzigartigen Versuchsanordnung setzen nun der Diplom-Physiker Walter Gith, der Diplom-Ingenieur Uwe Aloé und der Ökonom Bernd Siebler als Initiatoren ihre Idee in die Wirklichkeit um. Unter der Annahme, dass ein Zeitreiseverfahren in der Zukunft entwickelt wird, hat das Projekt exzellente Chancen erfolgreich zu sein. Vielleicht wird ja auch gerade diese jetzige Initiative zur zukünftigen Erfindung eines Zeitreiseverfahrens massgeblich beitragen? Wenn am 12.12.2012 keine Zeitmaschine erscheinen sollte, wäre im Umkehrschluss der Beweis erbracht, dass Zeitreisen grundsätzlich nicht möglich sind. Erleben Sie mit uns am 12.12.2012 das „Jahrtausend-Zeitreise-Experiment“ in Queensland/Australien.
Immerhin, das Timing der Reise nach Australien erlaubt, dass der entweder-an-alles-Glauber-oder-allen-Schwachsinn-für-sein-Geschäft-ausnutzende Herr Ritter noch rechtzeitig zu diesem ominösen Schädel-Event nach Palenque reisen kann. Meine Prognose für Palenque ist einfach: Leute, das mit der Weltherrschaft wird auch dann nicht klappen, wenn sich dort statt 13 dann doch 3000 Kristallschädelbesitzer einfinden werden …
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