Die Redensart „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“ bedeutet laut dieser Seite über Sprichwörter und Redewendungen unter anderem dass Berufs- und Standesgenossen zusammenhalten und sich nicht gegenseitig Anschwärzen. OK, das kennt man aus dem normalen Leben zur Genüge, gilt aber nicht unbedingt im weitläufigen Feld der Esoterik.
Wie der Kölner Stadtanzeiger berichtete hatte eine „promovierte Lehrerin, die an einer Schule in Brüssel unterrichtet“ einen – natürlich selbst ernannten – Geistheiler verklagt, weil er sie um 27.600 Euro gebracht hätte. Das Pikante an der Sache ist, dass die Klägerin selbst „esoterische Kurse anbietet; sie sollen zu einer „Selbstregulierung aller energetischen Systeme“ führen“; und in Einzelsitzungen auch „Chakren-, Quanten- und Matrixarbeit“ ihren Kunden in Rechnung stellt (ob man über google die Preise für ihre Angebote finden kann verrate ich natürlich nicht). Nun hatte sie mit dem Geistheiler 2009 folgendes vereinbart:
Die vertragliche Vereinbarung umfasste eine Beschwörung der Seelen ihrer verstorbenen Großeltern, Meditation, Reinigungsrituale und ein „Coaching“ mit Wochenendkursen über längere Zeit. Die Hauptziele: Monika G. (43, Name geändert) wollte einen Partner finden und zur Oberstudienrätin befördert werden.
Na ja, wer mit Chakren-, Quanten- und Matrixarbeit seinen Mitmenschen das Geld aus der Tasche zieht, der muss wohl auch glauben, dass die Beschwörung verstorbener Seelen zu Liebesglück und beruflicher Karriere führen. Irgendwann wurde die Dame aber misstrauisch:
Nachdem sie sich von einem Schreiben, in dem der Heiler mehr Honorar dafür forderte, durch „Beten“ aus der Ferne „Blockaden“ aufzulösen, unter Druck gesetzt sah, brach sie den Kontakt ab und schaltete eine Anwältin ein.
Zu diesem Zeitpunkt scheint sie ja immerhin schon die 27.600 Euro bezahlt zu haben – und warum sie jetzt klagte ist irgendwie unklar, denn …
Vor Gericht betonte sie, ihr Problem sei nicht das Ausbleiben einer Beförderung gewesen; das habe ihr erst Luc S. [der Geistheiler] eingeredet. Es bewegte sie immerhin dazu, sich um einen Karrieresprung zu bemühen. Seit gut zwei Jahren ist sie Oberstudienrätin – ohne Zutun des Heilers, betonte sie, es sei ihrer eigenen Initiative geschuldet.
Hier widerspricht sich die Frau irgendwie selbst, denn zum einen wollte sie irgendwie nicht befördert werden, habe sich aber dann darum bemüht, nachdem ihr der Geistheiler das eingeredet hat … … das kommt mir schon reichlich schräg vor. Aber was ist schon nicht schräg wenn man versucht esoterisch motivierten „Argumentationen“ zu folgen?
Ob sie inzwischen einen Partner gefunden hat, darüber sagt der Artikel nichts. Auch hat wohl das vom Geistheiler versprochene Coaching nicht stattgefunden („Die Rückzahlungsansprüche wegen des nicht zustande gekommenen Coachings seien zivilrechtlich zu klären.„). Oberstudienrätin ist sie inzwischen (ob mit oder – viel wahrscheinlicher – ohne des Geistheilers Hilfe ist ja auch egal), aber ihr Geld kriegt sie nicht zurück. Das Gericht folgte zumindest teilweise der Argumentation des Geistheilers:
Die Verteidiger konnten sich auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Januar 2011 zur Wahrsagerei berufen. Darin heißt es: „Ein Kunde muss für magische Leistungen zahlen, wenn er diese im Bewusstsein darüber erkaufte, dass die Geeignetheit und Tauglichkeit dieser Leistungen zur Erreichung des von ihm gewünschten Erfolgs rational nicht erklärbar ist.“
Leider hat das damalige Urteil des Bundesgerichtshofs (ich hatte es hier kommentiert) nicht zu einer endgültigen Entscheidung geführt, da sich die damaligen Streitkrähen nach der Zurückverweisung durch den Bundesgerichtshof irgendwie außergerichtlich einigten. Die Begründung des Kölner Urteils passt aber irgendwie doch, denn die Klägerin müsste alleine auf Basis ihrer akademischen Ausbildung wissen, dass ihr oben zitierter Vertragsgegenstand absolut irrational ist – und bezahlt hatte sie ja freiwillig. Außerdem zieht sie ihre Kunden ja mit ähnlichem Nonsens über den Tisch, so dass sich mein Mitleid gerade mal vollständig abgemeldet hat, obwohl die Versprechen des Geistheilers meines Erachtens schon vom Prinzip her gegen § 306 BGB verstossen:
Ein auf eine unmögliche Leistung gerichteter Vertrag ist nichtig.
Dummerweise für die Klägerin gilt aber auch § 307 BGB:
(1) Wer bei der Schließung eines Vertrags, der auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist, die Unmöglichkeit der Leistung kennt oder kennen muß, ist zum Ersatze des Schadens verpflichtet, den der andere Teil dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Teil an der Gültigkeit des Vertrags hat. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der andere Teil die Unmöglichkeit kennt oder kennen muß.
Der Geistheiler hat offensichtlich dem Gericht klar gemacht, dass er nicht weiß, dass er Unsinn betreibt (und seinen Kunden damit Geld aus der Tasche zieht). Ich bin ja kein Jurist, aber dieses Urteil kann ich gerade in diesem Fall durchaus verstehen.
Mir tun nur die Schüler leid, die sich von dieser Oberstudienrätin in was auch immer belehren beleeren lassen müssen …
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