Der bayrische Rundfunk hat einen Sender namens „BR Schlager„, den ich bisher nicht kannte – und wahrscheinlich auch nicht kennen will. Schlagermusik verursacht bei mir physische Schmerzen begleitet von heftigem Augenrollen und – wenn ich nicht rechtzeitig abschalte – dem schmerzhaften Aufrollen meiner Zehennägel. Da ich in den letzten Wochen gleich zwei Interviews mit verschiedenen BR-Formaten hatte in denen es um die alljährliche Prognoserückschau ging war ich schon überrascht, dass dieser BR-Sender einer Astrologin ein paar Minuten geschenkt hat – und der Interviewer hat gleich mehrere hanebüchene Aussagen kommentarlos stehen lassen.
Das Interview findet man hier, und es beginnt mit einem Teaser der den ganzen Quatsch auch noch „wichtig“ machen soll:
„Menschen, die was zu erzählen haben – zu Gast bei BR Schlager“
Der Moderator fragt „ganz seriös“ was denn die Sterne über die Zukunft sagen können (sollen) – und erhält folgende Antwort von der Astrologin Jasmin Rachlitz (Transskript von mir):
„Ja, er kann uns natürlich ein ganze Menge verraten. Wie können unsere Stärken, unsere Talente ganz anders erkennen. Wir können die Zeitqualität ganz anders einschätzen. Wir können – ähm – Termine berechnen, ob das nun für eine Prüfung, für ein – äh – wichtigen Geschäftsgespräch ist – ja wir können auch Hochzeitstermine berechnen. Die Astrologie kann – also – uns also eine sehr gute Lebenshilfe sein.
Aha, die Astrologie kann Termine berechnen? Aber warum? Und weiß das auch mein Geschäftspartner oder die Institution, bei der ich gerade eine Prüfung ablegen muss? Der Moderator fragt mal vorsichtig nach:
„Aber man muss daran glauben, oder gibt es eben tatsächlich Belege, dass es tatsächlich so eintritt – auch wenn man vielleicht skeptisch ist.“
Für die Astrologin ist das natürlich ein Angebot, dass man nicht ausschlagen darf. Ihre Antwort:
„Ja, Skepsis ist immer gut. Ich würde sagen, die Astrologe kann man als Erfahrungswissenschaft bezeichnen – und ich selbst bin auch immer wieder darüber erstaunt wie zuverlässig sie sein kann.“
Was jetzt folgt ist eine Frechheit! Ein „Experiment“ – die Redaktion hat sich das Horoskop von 2021 vorgelesen … … und natürlich haben die weitgehend gestimmt! OK, es waren Zeitschriftenhoroskope (die stimmen für jeden, egal welches Sternzeichen man liest), aber jetzt kommt eine Werbung durch den BR, für die sich der Sender hoffentlich bezahlen liess. Der Moderator fragt:
„Um wirklich Orientierung zu bieten muss es [das Horoskop] doch gut auf den Menschen zugeschnitten sein, denk‘ ich zumindest ‚mal.“
Frau Rachlitz freut sich hörbar, denn jetzt kann sie ihr Astrologiewerbungsblabla einfach starten:
„Ja, da haben sie vollkommen recht. Je genauer es ist, also das heißt wenn wir ein Geburtshoroskop ganz individuell für Jemanden berechnen – öh, man benötigt dazu den Geburtstag, -zeit und -ort – dann kann man natürlich eine viel präzisere Aussage machen. Dann wird das Ganze – auch wirklich dann wirklich fast ein bisschen wissenschaftlich, hätt‘ ich gesagt …“
Nein, Frau Rachlitz! Astrologie ist niemals wissenschaftlich, solange kein Astrologe seine Behauptungen wissenschaftlich belegen kann. Bis dahin ist das schlicht und einfach eine – ziemlich dreiste – Werbelüge!
Der Rest ist Seelenbalsam von Frau Rachlitz – reinstes Blabla über gesellschaftlichen Zusammenhalt und Planetengeblubber über irgendwas …
Boah, was für ein Mist in einem öffentlich rechtlichen Radiosender. Ist der BR inzwischen aus dem Bildungsauftrag ausgetreten?
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