Der Astrologenverband antwortet

17 12 2008

Zur jährlichen Prognoserückschau gibt es in diesm Jahr auch eine Antwort des Deutschen Astrologen Verbandes, die ich hier kommentieren möchte. Herr Schubert-Weller schreibt:

Es ist fragwürdig, Aussagen von offensichtlich unterschiedlicher Reichweite, die auf unterschiedliche Weise erarbeitet werden, in einer subjektiven Hitliste von Fehlprognosen einzelner von der GWUP benannter Prognostiker zusammenzuführen. Was immer die verschiedenen Prognoseansätze von Medien, Hellsehern usw. methodisch zu sein behaupten und ob sie denn einer Prüfung standhalten: Den wissenschaftlichen Anspruch, den die GWUP stellt, kann eine derart zusammengewürfelte und subjektiv erstellte Liste nicht erfüllen.

Im ersten Abschnitt kritisiert Herr Schubert-Weller die Prognoserückschau an sich – und eine Antwort darauf hätte er auf den Seiten der GWUP finden können. Unter der Überschrift Welche Art der Astrologie darf man kritisieren? findet sich eine sehr gute Antwort auf seinen Vorwurf, die Prognoserückschau würde den wissenschaftlichen Anspruch der GWUP nicht erfüllen: „Genau wie bei dem so genannten Randi-Test (Infos unter www.randi.org) und auch bei unseren Wünschelrutentests von 1990 geht es darum, populäre und breit akzeptierte Vorstellungen einer „Parawissenschaft“ – hier der Astrologie – für eine breite Öffentlichkeit nachvollziehbar auf den Prüfstand zu stellen. Wir wollen darlegen, wie man bloße Behauptungen an der Realität messen kann und was dabei herauskommt. Wir praktizieren keine Wissenschaft im Elfenbeinturm, das heißt: Unsere Prognosen-Auswertung war keine Untersuchung für ein Fachjournal oder für Insider. Die Frage war ganz einfach: Ist eingetreten, was einige Astrologen zum Teil sehr medienwirksam vorausgesagt haben? Das Ergebnis war in unseren Augen eindeutig.“

Herr Schubert-Weller wendet sich dann einem anderen Thema zu:

Seriöse Astrologie macht keine Ereignisprognosen, sondern Tendenzprognosen. Diese Tendenzprognosen sind keine Tatsachenbehauptungen, sind aber keineswegs trivial. Man kann sie auf ihre Triftigkeit hin untersuchen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die auch mit astrologischen Mitteln erarbeiteten Prognosen des US-amerikanischen Astrologen und Wirtschaftsfachmanns Raymond A. Merriman treten regelmäßig ein und sind in zahlreichen Publikationen Merrimans dokumentiert. Merriman hat seit den Neunziger Jahren wiederholt auf das mögliche Eintreten eines massiven wirtschaftlichen Abschwungs ab 2008 hingewiesen (vgl. hierzu auch ASTROLOGIE HEUTE, Heft 136, 2008). Abseits der politischen und ökonomischen Weltbühne erweist sich astrologische Analyse und Prognose im Sinn einer Tendenzansage in zahllosen individuellen Fällen als triftig und ist Teil wirksamer Lebensbegleitung.

Auch zu diesem Abschnitt möchte ich auf den oben bereits zitierten Text der GWUP verweisen: „Natürlich ist uns bekannt, dass konkrete astrologische Ereignisprognosen auch in der Astrologen-Szene umstritten sind und einem kleinen Kreis aus PR-Gründen und zur Selbstvermarktung in der Regenbogenpresse dienen. Kann das aber ein Grund sein, vornehm den Mantel des Schweigens darüber zu decken, wo doch gerade diese Form der Astrologie in der Öffentlichkeit breit diskutiert wird? Was wäre die Astrologie ohne diese ständige medienwirksame Aufmerksamkeit? Offenkundig sind die verschiedenen astrologischen Berufsverbände und Interessengruppen nicht willens, diese „schwarzen Schafe“ öffentlich zu benennen. Kann es Eigeninteresse sein, um vom Mitnahmeeffekt zu profitieren? Halbherzige Erklärungen in den Medien, dass konkrete Ereignisprognosen unseriös seien und der Astrologie insgesamt schaden würden, sind schlicht zu wenig. Wir mögen es gerne etwas konkreter“

Der Verweis auf Merriman ist interessant – wieso weist Herr Schubert-Weller auf eine vermeintlich richtige Ereignisprognose hin (die ich mangels des Originaltextes von Merriman jetzt nicht einschätzen kann), wo doch seriöse Astrologie solche gar nicht macht? Und wenn es nur eine Tendenzprognose war – wie war die Richtigkeit der Tendenz gegen die Unrichtigkeit abgegrenzt?

Prognosen sind, auch außerhalb der sogenannten Parawissenschaften, Bestandteil einer hochkomplexen, arbeitsteiligen Gesellschaft. Die Prognosen vieler Wissensgebiete, z.B. Medizin, Wirtschaftswissenschaften, Soziologie, Meteorologie usw., sind für den Fortbestand der Gesellschaft inzwischen nahezu unverzichtbar. Auch auf diesen Gebieten gibt es triftige Tendenzansagen und eklatante Fehlprognosen.

Richtig! Es gibt selbstverständlich auch Prognosen in anderen Bereichen, und manche davon sind falsch. Ob die Prognosen aus den anderen Bereichen für den „Fortbestand der Gesellschaft nahezu unverzichtbar“ sind, darüber kann man streiten. Eine Fehlprognose bleibt aber eine Fehlprognose – egal in welchem Bereich! Darf man also Fehlprognosen von Astrologen nur dann kritisieren, wenn man auch Fehlprognosen anderer Berufsgruppen mit kritisiert? Dann müsste Herr Schubert-Weller auch darauf hinweisen, wie gut die Wetterprognosen heutzutage sind (und nicht nur in der Tendenz – die Metereologen prüfen ihre Prognosen nämlich sehr genau).

Der Deutsche Astrologen-Verband distanziert sich von denjenigen, die sich im Namen der Astrologie zu womöglich reißerischen und katastrophenorientierten Ereignisprognosen bereit finden. Da Beruf und Tätigkeit des Astrologen nicht geschützt sind und da der berufspolitische Organisationsgrad im Bereich haupt- und nebenberuflich tätiger Astrologen vergleichsweise gering ist, haben seriöse Fachverbände keine Handhabe gegenüber solchen Entgleisungen.

Sehr schön, dass sich der Deutsche Astrologen Verband von den reißerischen Ereignisprognosen distanziert. Obwohl solche auch auf seinen eigenen Seiten zu finden sind. In der DAV-Sektion „Mundan- und Wirtschaftsastrologie“ findet sich noch heute ein Text der Astrologin Wilma T. Sommer zur Bundetagswahl 2005, der sehr konkrete Prognosen enthält (den Fettdruck habe ich aus dem Original übernommen). Wie man dies mit „Triftigkeit“ erklären will ist mir schleierhaft. Ein paar Auszüge:

Zunächst kam mir der Gedanke: Dieser Jupiter in der Waage symbolisiert die große Koalition von CDU/CSU und SPD. Aber diese Idee musste ich wieder verwerfen, weil dann die Grünen nicht mehr mitregieren würden.

Aha! Eindeutige Prognose: Grünen regieren weiter, es gibt keine große Koalition! Weiter schreibt Frau Sommer:

Die vergrößerte Koalition (Jupiter in der Waage im 2. Haus) könnte demnach nach der Bundestagswahl entweder aus rot/ rot/ grün oder aus der Ampelkoalition rot/grün/gelb bestehen. Die dritte Partei, die hinzukommt, ist entweder die neue Linke mit Lafontaine und Gysi oder die FDP, auch wenn die Politiker aller beteiligten Parteien diese Möglichkeit heute vehement ausschließen.

Auch das ist eine klare Prognose! Und Frau Sommer geht sogar noch weiter:

Meine Prognose: Nach dem Scheitern der neugewählten Regierung um die Mitte der neuen Legislaturperiode wird es zu einer großen Koalition von CDU/CSU und SPD kommen mit einem CDU/ CSU Kanzlerkandidaten.

Ach ja, die große Koaltion hätte es also erst ab 2007 geben sollen – Frau Sommer hat also schlicht und einfach falsche Prognosen abgegeben. Und es war eine konkrete Ereignisprognose, die noch dazu ein reißerisches Ende findet:

Im Jahre 2009 wechselt der AC in das Stier-Thema. Das bedeutet, dass die EU (Stier AC) zur großen Herausforderung= A für die Bundesrepublik werden wird und ab 2010 sogar der Austritt aus der EU in Betracht gezogen werden muss. Aber auch die sozialen Probleme (Stier AC) müssen von der amtierenden Regierung= B transformiert/ verändert werden (Skorpion DC), indem sie ab 2010 von einem sehr handlungsstarken Regierungschef (Sonne im Löwen im 4. Haus) angepackt werden.

Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass diese Sonne, die auf eine Konjunktion mit Isis und Pluto zuläuft, einen Diktator symbolisiert?

Sind die Probleme in Deutschland wirklich nur noch so zu lösen?

Wenn Herr Schubert-Weller es ernst meint mit seiner Distanzierung von reißerischen Ereignisprognosen, warum lässt der DAV es dann zu, dass genau solche Texte auf seiner Webpräsenz veröffentlicht werden?

Der Deutsche Astrologen-Verband ist zu einer unvoreingenommenen Überprüfung der Astrologie und ihrer analytischen und prognostischen Arbeitsansätze bereit. Das Freiburger Forschungszentrum des Deutschen Astrologen-Verbandes leistet diese Arbeit im übrigen seit Jahren.

Es ist natürlich zu begrüßen, dass der Astrologen Verband zu einer unvoreingenommenen Überprüfung der Astrologie bereit ist. Wobei das Wort „unvoreingenommenen“ vielleicht durch „wissenschaftlichen“ ersetzt werden sollte. Wissenschaftliche Untersuchungen astrologischer Behauptungen gibt es übrigens mehr als man denkt – eine Zusammenfassung findet man auf den Seiten von Rudolf Smit zum Thema Astrology & Science. Unter den Autoren dieser Seite sind übrigens auch Astrologen zu finden …


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Eine Antwort

1 01 2009
Medien, Seher, Astro-Lügen! @ gwup | die skeptiker

[…] Dass die Astrolüogen-Gilde aufheult, wenn sie zum Jahresende stets der große Medienprügel trifft, ist natürlich nachvollziehbar. Die beleidigte Stellungnahme des Deutschen Astrologen-Verbands (DAV) zum Wahrsager-Check der Skeptiker steht u.a. bei Grenzwissenschaft-Aktuell, einem einschlägigen Portal für Esoterik-PR. Michael Kunkels Replik darauf gibt’s in seinem Weblog hier: Der Astrologenverband antwortet. […]

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