Nächste Woche ist es soweit. Die hessische Universitätsstadt Marburg kriegt Besuch von seiner Heiligkeit, dem Dalai Lama, damit dieser sich einen Ehrendoktorhut abholen kann. Wie die Philipps-Universität in einer Pressemeldung mitteilt wird damit sein „wissenschaftliches Wirken“ gewürdigt – und außerdem
habe er viele westliche Wissenschaftler und Studierende auf den Gebieten der buddhistischen Philosophie und der esoterischen Lehren des tibetischen Buddhismus (die prinzipiell nur mündlich tradiert werden) belehrt, so dass sich sein Wissen maßgeblich auch in deren Veröffentlichungen niedergeschlagen hat.
Wissenschaftliches Wirken? Dann sollte die medizinische Fakultät auch gleich noch Papst Benedikt XVI. wegen seiner tiefgehenden Erkenntnisse zur Verbreitung des HIV-Virus, die er im März dieses Jahres auf seinem Afrika-Flug geäußert hatte, mit einer Ehrendoktorwürde auszeichnen. Die Lehren des rotbemützten Mystifex hat Colin Goldner bereits vor 4 Wochen in der Tageszeitung „Junge Welt“ treffend – und mit einem schönen Beispiel – kommentiert:
Was der »Gottkönig« in seinen Vorträgen zum besten gibt, ist eine absurde Dialektik von Platitüde und Nonsens. Zum einen läßt er positiv-denkerischen Trivialkram ab, dessen Niveau nur selten über das der Glückskekse hinausreicht, die man nach dem Essen im Chinarestaurant bekommt, beispielsweise »Nur wer Leid erträgt, wird Glück erfahren«. Alle können dabei mit dem Kopf nicken und sich der Erleuchtung ganz nahe wähnen, auch wenn der Aussagewert gleich null ist. Zum anderen schwadroniert er endlos in pseudophilosophischer Metaphysik herum und reiht, begleitet von unmotiviertem Gekichere und sonstigen Hanswurstiaden, wie etwa dem Herumschaukeln auf seinem Thron, sinnleere Worthülsen aneinander.
In der heutigen Ausgabe der gleichen Zeitung gibt Goldner unter dem Titel „Der Phallokrat“ einen kurzen Überblick über die absurden budhistischen Sexualregeln, der auch folgende schöne Beschreibung enthält:
Solange Mönch oder Lama nicht ejakulieren, können – und sollen! – sie sich durchaus verschiedenster sexueller Aktivitäten befleißigen, die »Benutzung des Sexualorgans«, sofern korrekt vorgenommen, sei ohne weiteres mit dem Gelübde des Zölibats vereinbar. Derlei sexuelle Praktiken, so der Dalai Lama spitzfindig, »sind in Wahrheit kein Sex, auch wenn es so aussieht«
Irgendwie erinnert das an einen amerikanischen Präsidenten, seine Praktikantin und eine Zigarre – wobei jener Präsident immerhin demokratisch legitimiert war, während der – übrigens in China geborene – Grinsemönch einfach auf Grund obskurer und absolut lächerlicher „Reinkarnationsregeln“ im zarten Alter von nicht einmal 3 Jahren in sein Amt gehoben wurde und noch heute in weiten Kreisen auch als legitimer weltlicher Herrscher Tibets (warum eigentlich????) gilt.
Wer mehr über den Dalai Lama wissen möchte, dem sei Goldners Buch empfohlen. Die über 700 Seiten sind nicht unbedingt leicht zu lesen: Goldners kompromissloser Stil ist gewöhnungsbedürftig, durch den Einbau diverser Exkurse gibt es viele Wiederholungen im Text und die Detailversessenheit des Autors (der seine Aussagen mit über 1500 Quellenangaben belegt!) nervt manchmal ein wenig, aber gerade im Angesicht dieser unsäglichen Dalaimania (der ja auch Politiker jeglicher Couleur anheim fallen) braucht es solche Bücher! Bitte lesen (und staunen)!
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